Eindrücke von hessischen CSDs

Genau nach Ende des Pride Months Juni ist unsere – diese – neue Website online gegangen. Das war einer der Gründe, warum wir uns dieses Jahr auf besonders vielen hessischen CSDs rumgetrieben haben, wir wollten euch nämlich mit Postkarten, Stickern und Armbändchen unsere Website vorstellen.

Auch sonst sind wir Koordinierenden des hessischen Netzwerks natürlich privat und beruflich gerne auf CSDs unterwegs. Da nun fast alle hessischen CSDs stattgefunden haben, wollten wir mit euch Eindrücke teilen, die wir auf den verschiedenen CSDs gesammelt haben. Ein CSD steht noch in Bad Hersfeld am 10. September an, mehr Informationen dazu könnt ihr auf diesem Instagramaccount oder per E-Mail erhalten.
Falls euch noch ein Erfahrungsbericht eines CSDs fehlt (bspw. Hanau oder Limburg!), schickt uns gerne euren per Mail, dann packen wir euch hier dazu! <3

Nun aber genug der Einleitung! Hier folgen in kalendarischer Reihenfolge unsere Eindrücke hessischer CSDs! 🙂

CSD Wiesbaden (27.05.23)

Dass ein CSD auch ohne große Partywägen auskommt zeigte uns wieder einmal Wiesbaden. Während die Demo unter dem Motto ,,Europa bleibt bunt‘‘ durch die Innenstadt zog, wurde sie durch Musikboxen – manche von Gruppen und Vereinen, manche von Privatpersonen – mit fröhlichen Beats versorgt. Nach der Kundgebung am Rathaus ging es weiter in Richtung Außengelände des Schlachthofs, wo sich Besucher*innen am bunten Bühnenprogramm, leckerem Essen und verschiedenen Info- und Verkaufsständen erfreuen konnten. Drag Queens wie Ember Remember und Giselle Hipps begeisterten mit ausgefallenen Performances auf der Bühne, später ging die Party im Kesselhaus weiter. Trotz ausgelassener Stimmung wurde auch Themen wie zunehmender queerfeindlicher Gewalt und diskriminierender Gesetzgebungen genug Raum und Aufmerksamkeit gegeben. Zusammenfassend war der diesjährige CSD der Landeshauptstadt ein sehr schönes Erlebnis, von dem wir viel Positives mitnehmen konnten – Wir freuen uns auf nächstes Jahr!
Marlene (Netzwerkstelle Rhein-Main)

CSD Gießen (17.06.23)

Wenn Polizei auf einen mittelhessischen CSD (Gießen, 2023) eingeladen wird, dann, so berichten Communities später am Runden Tisch, erfahre das viel Gegenwind. „Der Vertreter“ an einem der Feststände werde kritisiert, bleibe ruhig, bestätige die Kritik, bekomme meist dann ein Lob dafür von den Kritiker*innen und leiste also gute Arbeit. Gute Arbeit für Polizei. Die Polizei habe unseren CSD geschützt und Manche werden genau das, aber vielleicht eben nur das gewollt haben.

Die Macht liegt bei uns Einzelnen und Verantwortung bei Euch Allen?

Warum war die Musik so? Sind wir genug Leute? Wie können wir noch wachsen? Detailfragen lenken uns. Ab wann verspricht uns Polizei welchen Schutz als oft wegordnende Idee, die sich per sich selbst jederzeit legitimerweise gegen Queers richten kann, so die Historie? Neben dem CSD verteilt ein Stand offenbar gläubiger Christ*innen über den Tag hinaus ihre Werbung für Detransition.

Sie weisen aber nicht den Weg an die, die Detransition brauchen. Sie entwenden uns diesen Lebensschritt, um ihn gegen uns zu verwenden, um uns weg zu retten. Und Polizei muss uns davor auch gar nicht schützen, weil diese Idee vom Staat selbst schon längst vor vielen Jahrzehnten geboren wurde, auf das wir ihm verschwinden in der Zweigeschlechtlichkeit. Wir warten nach jedem CSD auf die Veränderung für die wir protestieren. Und auf noch so viel mehr.
– Marie (Netzwerkstelle Mittelhessen (Gießen))

CSD Marburg (01.07.23)

Am 02.07.23 gingen wir gemeinsam mit 3.200 Menschen auf die Straßen Marburgs. In diesem Jahr hieß das Motto „F*cking political – Queer(s) sind mehr als bunt“. Es folgten unterschiedliche Redebeiträge, die auf intersektionale Themen aufmerksam machten und sich politisch positionierten: Gegen Fundamentalismus, für offene Grenzen und für einen gesellschaftlichen Antifaschismus. Die Anzahl der Teilnehmer*innen zeigt, dass ein politischer CSD Menschen nicht davon abschreckt zu vorbeizukommen. Die CSD Gruppe Marburg ist weiterhin offen für neue Mitstreitende. Schreibt der Gruppe unter den jeweiligen Social Media Kanälen, die ihr auf der Webseite findet: csd-marburg.com
– Chris (Netzwerkstelle Mittelhessen (Marburg))

CSD Schwalm-Eder in Fritzlar (08.07.23)

Welche CSDs liebe ich am meisten und wieso sind es Mini-CSDs? Mit laut offiziellen Angaben knapp 100 Personen war der CSD Schwalm-Eder in Fritzlar dieses Jahr vermutlich einer der kleinsten, hessischen CSDs. Doch jede der anwesenden Personen hat dafür auch das hundertfache an Liebe und Revolution im Herzen mitgebracht.

Es ist ein besonderer Akt queerer Emanzipation durch eine sommerliche Fachwerk-Kleinstadt zu ziehen und das mit Plakaten, Bannern und Pride-Flaggen im Gepäck und angeführt von einem großen Lastenfahrrad statt eines Trucks.

Es gibt ein queeres Hinterland. Und es ist sowohl für Städer*innen als auch für Queers auf dem Land wichtig, das sehen und erleben zu können. Es ist so unfassbar wichtig, dass junge Queers insbesondere junge trans* Menschen sehen können, dass es queer & trans* Elders gibt. Und es ist so unfassbar wichtig für queer Elders zu erleben, dass der Nachwuchs dank und mit ihnen out, loud and proud sein kann und will.

Ich habe den CSD Fritzlar wirklich community-basiert erlebt, was einen CSD für mich noch viel empowernder macht, als riesige Firmenparaden.
– Suse (Netzwerkstelle Nordhessen)

CSD Frankfurt (15.07.23)

Der Höhepunkt des Frankfurter CSDs, die Demonstration, fand dieses Jahr am 15. Juli statt – und wir wurden gemeinsam mit ungefähr 15.000 weiteren Menschen ganz schön nass. Nach einer Auftaktkundgebung und einer langen Demoroute gab es, wie immer, auf der Infostraße und am Festplatz an der Konstablerwache viele Möglichkeiten sich zu begegnen, zu informieren und gemeinsam zu feiern, wobei das Wetter leider nicht so stabil wie im letzten Jahr blieb. Hiervon ließen sich die Teilnehmenden aber nicht davon abhalten, für die Sichtbarkeit und Rechte queerer Menschen auf die Straße zu gehen und einzustehen.

Als Netzwerkstelle waren wir am Infostand der AHF, unserer Trägerorganisation, vertreten und machten unter anderem auch auf unsere neue Website aufmerksam – die schicken Armbändchen, die ihr auf zahlreichen CSDs in Hessen bekommen konntet, fanden reißenden Absatz. Später konnten wir außerdem noch das vielfältige Programm auf den unterschiedlichen Bühnen genießen und zahlreiche alte und neue Gesichter treffen. Sogar einige ehemalige Kolleg*innen hatten es zur Veranstaltung geschafft und wir freuten uns über viele Gespräche und lange wie kurze Treffen mit Aktiven aus der Region.

Danach sah es unmittelbar vor dem CSD-Wochenende noch nicht aus, da aufgrund der gestiegenen Kosten die Finanzierung bis zuletzt unsicher war. Der CSD-Verein organisierte jedoch eine Spendenaktion, die gemeinsam mit neuen Sponsoring-Partnern und der Stadt Frankfurt dafür sorgte, dass das fehlende Budget aufgebracht werden konnte.
– Jana & Jermaine (Netzwerkstelle Rhein-Main)

CSD Kassel (05.08.23)

In diesem Jahr hat der Kassler CSD am 05.08. stattgefunden. Am Friedrichsplatz haben sich 4000 queere Menschen und Verbündete zusammengefunden, um gemeinsam zu demonstrieren. Begonnen hat alles mit dem Redebeitrag der CSD Orgagruppe, der die Erfolge queeren Aktivismus‘ gefeiert, aber gleichzeitig gemahnt hat vor dem Erstarken queerfeindlicher Strukturen.

Der Demonstrationszug war beeindruckend: ein Meer an Pridefahnen, Plakaten und Menschen, die auf dem CSD ihrem Selbstausdruck freien Lauf lassen durften. Weitgehend blieb der Demonstrationszug ohne Vorfälle. Menschen haben Parolen gerufen, getanzt, hatten Spaß und zeigten sich stolz mit ihrer Community. Es waren hauptsächlich junge Queers da, aber auch Queers mittleren und hohen Alters waren da, behinderte Queers, Queers of Color, Schwarze Queers, Punks, Fetischmenschis, Kinkszene, schüchterne Queers, laute Queers, tanzende Queers, Furries und Queers vom Land.

Nach dem Protestzug haben sich alle wieder auf dem Friedrichplatz eingefunden. Dort wurde Musik gespielt und die restlichen Redebeiträge gehalten. Die Redebeiträge zeigten die Bandbreite queeren Lebens und Zusammenlebens: Es ging um queere Sicherheit, queere Räume, Fetisch, Kink, internationale Solidarität, Kapitalismuskritik, Selbstbestimmungsgesetz und queere Verantwortung zum Wählen. Es ging aber auch darum zu feiern, was schon geschafft worden ist und wer schon vor uns kam. Vor allem wurde betont, was im letzten Jahr alles in Kassel geschafft wurde: Eine Stadt und vor allem ein Gleichstellungsbüro, das sich sehr für queere Projekte und Räume eingesetzt hat und weiterhin einsetzt. Nach den ergreifenden Wortbeiträgen ist der Abend ausgeklungen mit Musik von verschiedenen queeren Musiker*innen. Der Platz war bis um 19 Uhr voller Menschen, die die Freiheit sie selbst zu sein sichtbar genossen haben. Am Rande der Veranstaltungen gab es leider auch wieder mehrerer kleiner Vorfälle: Gaffer, ein Mann der christlich-fundamentale Flyer verteilen wollte und mindestens zwei queerfeindliche Angriffe.
– Luise (Netzwerkstelle Nordhessen)

CSD Darmstadt (19.08.23)

Zum CSD Darmstadt sind am 19.08.2023 zahlreiche Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*, inter und queere Menschen sowie Unterstützende auf die Straße gegangen, um für ihre Rechte zu demonstrieren und die Vielfalt sexueller und geschlechtlicher Identität in Südhessen sichtbar zu machen.

Unter dem Motto „Vielfalt verpflichtet“ zogen im Rahmen der Demo-Parade zunächst mehrere Tausend Menschen durch die Innenstadt. Das Motto wurde gewählt, um politisch Verantwortliche, Unternehmen und zivilgesellschaftliche Organisationen daran zu erinnern, dass es nicht genügt, sich mit dem Regenbogen und der Pride Fahne zu schmücken, sondern dass sie sich letztendlich an konkreten Maßnahmen messen lassen müssen.

Im Anschluss zur Demo gab es ein reichhaltiges Bühnenprogramm auf dem Karolinenplatz. Bei zahlreichen Infoständen konnten sich Menschen außerdem über verschiedene queere Themen informieren, Politiker*innen der Parteien befragen oder gemeinsam in den Austausch kommen. Das LSBT*IQ-Netzwerk Südhessen hat beim Infostand von vielbunt die Angebote der community in Südhessen vertreten.

Organisiert wurde der CSD in Darmstadt, wie die Jahre zuvor von vielbunt e. V. Über hundert ehrenamtliche Helfer*innen haben auf der Demo-Parade und dem Fest sowie im Vorfeld den CSD tatkräftig unterstützt. Nach dem CSD ist vor dem CSD – so freut sich die Arbeitsgemeinschaft CSD jederzeit über Menschen, die den CSD 2024 mitgestalten möchten: Interessierte können sich melden bei info@csd-darmstadt.de.
– Johannes (Netzwerkstelle Südhessen)


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